a) Solange die nicht abgekürzte Firmenbezeichnung verwendet wird und ge-schützt ist, kann der Prüfung, ob sich einer ihrer Bestandteile als Schlag-wort eignet, nicht allein eine daneben in Gebrauch genommene abgekürz-te Firmenbezeichnung zugrunde gelegt werden.
b) Werden Bestandteile einer Firma sowohl für sich betrachtet als auch in ihrer Verbindung vom Verkehr als beschreibende Sachbezeichnung ver-standen, so kann ihnen aus originärer Kennzeichnungskraft kein kennzei-chenrechtlicher Schutz als Firmenschlagwort zugebilligt werden.

BGH URTEIL I ZR 112/10 vom 31. Mai 2012 -Castell/VIN CASTEL

MarkenG § 5 Abs. 2, § 26 Abs. 1 und 3

BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 – I ZR 112/10 – OLG Frankfurt/Main
LG Frankfurt/Main
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 31. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Mai 2010 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Antrag auf Einwilligung in die Schutzentziehung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der IR-Marke 316 244 „VIN CASTEL“ zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Landgerichts Frank-furt am Main 3. Zivilkammer vom 30. Oktober 2008 auf die An-schlussberufung des Klägers abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, in die Schutzentziehung ihrer mit Wir-kung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Schutz ge-nießenden Internationalen Markeneintragung 316 224 „VIN CASTEL“
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bezüglich der Waren „Vins“ (Weine) einzuwilligen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 60% und die Beklagte zu 40%, diejenigen der zweiten Instanz der Kläger zu 58% und die Beklagte zu 42%. Der Kläger trägt von den erstin-stanzlichen Kosten der Nebenintervention 60% und von den zweit-instanzlichen Kosten der Nebenintervention 58%. Die Kosten der Revision tragen der Kläger zu 73% und die Beklagte zu 27%. Eine weitere Kostenerstattung findet nicht statt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Ferdinand Erbgraf zu Castell-Castell. Er führt unter der Firma „Fürstlich Castell’sches Domänenamt Albrecht Fürst zu Castell-Castell“ ein Weingut, dass seit 1266 von seiner Familie betrieben wird. Neben dem Weingut gehören zur Unternehmensgruppe des Klägers auch die Castell’sche Bank Credit-Casse KGaA sowie die Fürstlich Castell’sche Forstabteilung. Der Kläger ist Inhaber der am 13. März 1995 bzw. 1. Dezember 2003 unter ande-rem für „Weine“ eingetragenen deutschen Wortmarken Nr. 2 092 484 „Schloß Castell“ sowie Nr. 303 44 544 „CASTELL-CASTELL“.
Die Beklagte, die Wein und andere Getränke vertreibt, ist Inhaberin der im Jahr 1966 unter anderem für „Vins“ eingetragenen und Schutz für das Ge-
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biet der Bundesrepublik Deutschland beanspruchenden internationalen Wort-Bildmarke „VIN Castel“ (316 224):
Die Beklagte nutzte diese Marke jedenfalls bis Herbst 2006 nicht in Deutschland. Seitdem vertreibt sie in Deutschland Weine, die mit folgendem Etikett versehen sind:
Der Kläger sieht in der Verwendung der Bezeichnung „Castel“ für Weine eine Verletzung seiner Marken- und Unternehmenskennzeichenrechte durch die Beklagte, insbesondere weil die Bezeichnung „Castell“ als Unternehmens-schlagwort für ihn geschützt sei. Soweit die Beklagte seit dem Jahr 2006 auf Etiketten den Begriff „Castel“ nutze, sei dies aufgrund erheblicher Abweichun-
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gen keine rechtserhaltende Benutzung ihrer eingetragenen IR-Marke „VIN Castel“.
Soweit für die Revision von Bedeutung, macht der Kläger gegen die Be-klagte Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche wegen der Nutzung des Kennzeichens „Castel“ geltend. Er stützt sich dabei in erster Linie auf ein Unternehmenskennzeichen „Castell“, in zweiter Linie auf die Wortmarke „Schloß Castell“ und schließlich auf die Wortmarke „CASTELL-CASTELL“. Dar-über hinaus begehrt der Kläger von der Beklagten die Einwilligung in die Schutzentziehung für die IR-Marke „VIN Castel“ wegen Nichtbenutzung in Deutschland.
Das Landgericht hat die Beklagte hinsichtlich des Unterlassungsan-spruchs und der Folgeanträge verurteilt und den Antrag auf Schutzentziehung hinsichtlich der IR-Marke „VIN Castel“ abgewiesen. Auf die Berufung der Be-klagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeän-dert und die Klage – soweit für die Revision von Bedeutung – unter Zurückwei-sung der Anschlussberufung des Klägers abgewiesen (OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Mai 2010 – 6 U 243/08, juris). Mit seiner Revision, deren Zurückwei-sung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klage-anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass weder der Unterlas-sungsanspruch und die Folgeansprüche begründet sind noch ein Anspruch auf Einwilligung in die Schutzentziehung für die Marke „VIN Castel“ besteht. Dazu hat es ausgeführt:
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Ein Anspruch auf Einwilligung in die Schutzentziehung hinsichtlich der Wort-Bildmarke „VIN Castel“ wegen Verfalls komme nicht in Betracht, weil die Beklagte diese Marke in Deutschland zumindest seit Herbst 2006 und damit etwa ein Jahr vor Stellung des Antrags auf Schutzentziehung durch Verwen-dung auf Etiketten rechtserhaltend benutzt habe. Soweit diese Etiketten von der eingetragenen Marke abwichen, sei dies unschädlich, weil der Verkehr das be-nutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamtein-druck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetze.
Der Unterlassungsanspruch und die Folgeansprüche seien unbegründet, weil zwischen dem Unternehmenskennzeichen „Fürstlich Castell’sches Domä-nenamt“ und der von der Beklagten verwandten Bezeichnung keine hinreichen-de Zeichenähnlichkeit bestehe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Kläger behaupteten Bezeichnung seines Unternehmens mit dem Schlag-wort „Castell“. Zwar könne auch ein Teil einer Unternehmensbezeichnung Schutz beanspruchen, wenn er unterscheidungskräftig und geeignet sei, im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen zu dienen. Die Be-zeichnung „Castell“ sei dafür jedoch ungeeignet. Darüber hinaus könne nicht angenommen werden, dass der Kläger vor dem 1. Juli 1966 die Bezeichnung „Castell“ als Unternehmenskennzeichen geführt habe.
Jedenfalls sei der Begriff „Castell“ für einen Schutz als Schlagwort nicht hinreichend unterscheidungskräftig, weil für ihn ein Freihaltebedürfnis bestehe. Eine Verkehrsdurchsetzung habe der Kläger nicht dargelegt.
Schließlich könne der Kläger auch aus den prioritätsjüngeren Wortmar-ken „Schloß Castell“ und „CASTELL-CASTELL“ keine Ansprüche gegen die Beklagte herleiten.
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II. Die Revision führt zur Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in die Schutzentziehung der IR-Marke Nr. 316 224 „VIN Castel“ für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wegen Verfalls. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.
1. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts steht dem Kläger ge-gen die Beklagte ein Anspruch auf Einwilligung in die Schutzentziehung der IR-Marke Nr. 316 224 „VIN Castel“ nach § 115 Abs. 1, § 49 Abs. 1, § 26 MarkenG zu, weil die Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass sie diese Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erhebung der Klage rechtserhaltend in Deutschland benutzt hat.
a) Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Wa-re verwendet wird, für die sie eingetragen ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2005 I ZR 293/02, GRUR 2005, 1047, 1049 = WRP 2005, 1527 OTTO; Urteil vom 18. Dezember 2008 I ZR 200/06, GRUR 2009, 772 Rn. 39 = WRP 2009, 971 Augsburger Puppenkiste). Wird die Marke in einer von der Eintragung abwei-chenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur vor, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abwei-chend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Ge-samteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (vgl. BGH, GRUR 2009, 772, Rn. 39 Augsburger Puppenkiste; Urteil vom 19. November 2009 I ZR 142/07, GRUR 2010, 729 Rn. 17 = WRP 2010, 1046 MIXI). Diese Beurteilung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten und im Revisionsverfahren nur einge-schränkt, insbesondere auf zutreffende Rechtsanwendung und die Beachtung der allgemeinen Lebenserfahrung, überprüfbar (vgl. BGH, Urteil vom 26. April
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2001 I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 168 = WRP 2001, 1320 Bit/Bud; BGH, GRUR 2009, 772 Rn. 44 Augsburger Puppenkiste).
b) Von diesen Maßstäben ist zwar auch das Berufungsgericht ausge-gangen. Seine Beurteilung, das zumindest seit Herbst 2006 verwendete Fla-schenetikett stelle eine rechtserhaltende Nutzung der IR-Marke der Beklagten dar, ist jedoch von Rechtsfehlern geprägt und erfahrungswidrig. Sie kann daher keinen Bestand haben. Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung weisen die Wort-Bildmarke der Beklagten und das tatsächlich genutzte Zeichen deutli-che Unterschiede auf, die ihren kennzeichnenden Charakter verändern.
aa) Wie auch das Berufungsgericht erkannt hat, wird sich der Verkehr bei Marken, die aus Wort- und Bildelementen bestehen, eher am Wortbestandteil orientieren, der in der Regel für die Verkehrsteilnehmer die einfachste Form ist, um die unter der Marke angebotene Ware zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 1998 I ZB 7/96, GRUR 1999, 167, 168 = WRP 1998, 1083 Karolus-Magnus, mwN). Der Wortbestandteil der eingetragenen Marke lautet vollständig „VIN Castel VIN SUPERIEUR CASTEL FRERES NEGOCIANTS A BORDEAUX (GIRONDE)“. Dieser Wortbestandteil ist in der benutzten Form auf das einzelne Wort „CASTEL“ verkürzt, dem der Zusatz „Depuis 1949“ beigefügt worden ist. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht diese Verkürzung des Wortbestandteils und Hinzufügung des Bestandteils „Depuis 1949“ für un-erheblich gehalten hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
In der eingetragenen Marke kommt dem Bestandteil „CASTEL FRERES NEGOCIANTS A BORDEAUX (GIRONDE)“ eine entscheidende herkunftshin-weisende Funktion zu, weil er konkret bezeichnet, von welchem Unternehmen der mit der Marke gekennzeichnete Wein stammt. Fehlt dieser Herkunftshin-weis in dem benutzten Zeichen, so verändert dies seinen kennzeichnenden
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Charakter. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob der Verkehr in der Regel die Angabe eines Herstellers oder Vertreibers auf Weinetiketten nicht als Markenbestandteil ansieht. Denn im Streitfall ist für die Beklagte ein Weinetikett in seiner Gesamtheit als Marke ge-schützt. Allein diese eingetragene Marke ist Bezugspunkt für die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung. Bei der vom Berufungsgericht herangezoge-nen Senatsentscheidung „Karolus-Magnus“ (GRUR 1999, 167, 168) war dem-gegenüber nicht ein Weinetikett als solches als Marke geschützt, sondern die Wortmarke „‚Karolus-Magnus‘ der rheinische Riesling-Sekt“, die in der Form „KAROLUS MAGNUS Riesling Sektkellerei“ unter Hinzufügung der bildlichen Darstellung eines mittelalterlichen Kaisers rechtserhaltend benutzt werden konnte.
bb) Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der eingetragenen und der benutzten Form durfte das Berufungsgericht im Streitfall auch die Unterschiede bei den Bildbestandteilen nicht mit der Erwägung insgesamt für unerheblich halten, sie veränderten den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht. Zu Recht hat es angenommen, das Wort „Castel“ bezeichne insbesondere als Kurzform des italienischen „castello“ in Verbindung mit einem (Orts)Namen eine Burg oder ein Schloss; solche Wortzusammenstellungen fänden häufig bei der Kennzeichnung von Weinen Verwendung. Im Zusammenhang mit Weinen kommt dem in der benutzten Form in Alleinstellung verwendeten Wortbe-standteil „Castel“ daher nur geringe Kennzeichnungskraft zu. Für den Gesamt-eindruck der Benutzungsform sind deshalb auch die Bildbestandteile erheblich (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1998 I ZR 176/96, GRUR 1999, 498, 499 = WRP 1999, 432 Achterdiek; Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 26 Rn. 149). Diese Bildbestandteile weisen gegenüber der eingetra-genen Marke deutliche Unterschiede auf.
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In der eingetragenen Marke ist die Burg unterhalb des Wortbestandteils „VIN Castel“ eingefügt und in einer realitätsnahen Form als feine Zeichnung dargestellt. Die Umrisse der Burg schließen den von einem großen „C“ umge-benen Schriftzug „FRES“ ein. Demgegenüber ist die Darstellung der Burg bei der Benutzungsform auffällig verändert worden. Sie ist weitgehend von einer stilisierten Weintraube verdeckt und ähnlich der Darstellung auf einem Wap-penschild stark abstrahiert. Der in die Burg eingefügte Schriftzug „FRES“ fehlt vollständig. Anders als bei der für die Beklagte eingetragenen Marke findet sich die stilisierte Burg im von der Beklagten verwendeten Zeichen nicht unterhalb, sondern oberhalb des Schriftzuges „CASTEL“.
cc) Das Berufungsgericht hat zudem nicht berücksichtigt, dass sich der graphische Gesamteindruck der Benutzungsform deutlich von demjenigen der eingetragenen Marke unterscheidet. Die eingetragene Marke stellt ein traditio-nelles Weinetikett dar, das weitgehend durch eine Vielzahl von Wortbestandtei-len gefüllt wird. Demgegenüber erweckt die Benutzungsform einen übersichtli-cheren, wesentlich klarer gegliederten und geradezu „luftigen“ Eindruck unter Übernahme allein des Wortbestandteils „Castel“. Das klein darunter eingefügte Gründungsdatum der Beklagten führt nicht annähernd zu einer der eingetrage-nen Marke entsprechenden Zeichenfülle auf dem Etikett. In diesem Zusam-menhang ist auch der Wegfall des beschreibenden Wortbestandteils „VIN“ in der Benutzungsform entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht ohne jede Bedeutung.
dd) Die Benutzungsform verwendet außerdem eine andere Schriftart als die eingetragene Wort-Bildmarke. Zwar ist die Änderung der Schrift als solche unschädlich, wenn sie die Kennzeichnungskraft der Marke nicht verändert (BGH, GRUR 1999, 167, 168 Karolus-Magnus), etwa nur eine Modernisierung der eingetragenen Schriftart darstellt (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, Marken-
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gesetz aaO § 26 Rn. 141 f.). Sie kann aber im Rahmen der erforderlichen Ge-samtbeurteilung in Verbindung mit anderen Veränderungen als weiterer Ge-sichtspunkt für die Annahme sprechen, dass keine rechtserhaltende Benutzung vorliegt (vgl. BGH, GRUR 1999, 498, 499 = WRP 1999, 432 Achterdiek).
ee) Da es wovon auch das Berufungsgericht ausgeht für die Beurtei-lung der Veränderung des kennzeichnenden Charakters nicht entscheidend darauf ankommt, durch welche Bestandteile ein zusammengesetztes Zeichen geprägt wird (vgl. BGH, GRUR 2009, 772 Rn. 45 Augsburger Puppenkiste, mwN), reicht die bloße Übernahme des in der eingetragenen Marke in gewisser Weise hervorgehobenen Wortbestandteils „Castel“ in veränderter Form für eine rechtserhaltende Benutzung unter diesen Umständen nicht aus.
d) Weitere Feststellungen sind nicht erforderlich, so dass der Senat selbst über den Anspruch auf Schutzentziehung entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die dargestellten Veränderungen der Marke schließen es aus, dass der Verkehr die Benutzungsform bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Ge-samteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt. Der Kläger kann daher von der Beklagten verlangen, hinsichtlich der Marke Nr. 316 224 „VIN Castel“ in die Schutzentziehung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einzuwilligen, weil die Beklagte die angegriffene Marke nicht in-nerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren gemäß § 26 Mar-kenG rechtserhaltend benutzt hat.
2. Die Revision hat keinen Erfolg, soweit das Berufungsgericht die Anträ-ge des Klägers auf Unterlassung der Nutzung des Kennzeichens „CASTEL“ sowie Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht abgewiesen hat.
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Der Kläger hat keine Ansprüche aus § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2, 4 und 5 MarkenG gegen die Beklagte, weil der Begriff „Castell“ nicht als Unterneh-mensschlagwort für den Kläger geschützt ist. Zwar hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich ein Firmenschlag-wort aus der nicht abgekürzten Firmenbezeichnung des Klägers ergeben kann (dazu a). Es ist aber zu Recht davon ausgegangen, dass der Begriff „Castell“ nicht als Firmenschlagwort für das Weingut des Klägers geschützt ist, weil ihm die notwendige Unterscheidungskraft fehlt (dazu b). Rechtlicher Nachprüfung hält auch die Annahme des Berufungsgerichts stand, dass der Kläger sich nicht auf eine Verkehrsdurchsetzung der Bezeichnung „Castell“ berufen kann (da-zu c). Schließlich ergeben sich der Unterlassungsanspruch und die Folge-ansprüche nicht aus § 4 Nr. 1, § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 und 6 MarkenG auf-grund der für den Kläger eingetragenen Marken „Schloß Castell“ und „CASTELL-CASTELL“ (dazu d).
a) Zutreffend rügt die Revision, dass das Berufungsgericht rechtsfehler-haft für die Prüfung des Schutzes des Bestandteils „Castel“ als Firmenschlag-wort nicht die vollständige Firma „Fürstlich Castell’sches Domänenamt Albrecht Fürst zu Castell-Castell“, sondern allein die abgekürzte Firmenbezeichnung „Fürstlich Castell’sches Domänenamt“ zugrunde gelegt hat.
Der Schutz des Unternehmenskennzeichens nach § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG entsteht bei von Haus aus unterscheidungskräftigen Bezeichnungen mit Aufnahme der Benutzung im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung des Geschäftsbetriebs (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 I ZR 135/06, GRUR 2009, 685 Rn. 17 = WRP 2009, 803 ahd.de, mwN). Bei schlagwortfähi-gen Firmenbestandteilen ist der Kennzeichenschutz, der lediglich die Eignung voraussetzt, im Verkehr als Herkunftshinweis zu dienen, aus der Gesamtfirma
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abgeleitet und entsteht daher bereits mit dem Schutz der vollständigen Be-zeichnung (vgl. BGH, GRUR 2009, 685 Rn. 17 ahd.de). Dabei kann für einen Teil einer Firmenbezeichnung der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete Schutz als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG beansprucht werden, sofern es sich um einen unterscheidungskräfti-gen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 28. Januar 1999 I ZR 178/96, GRUR 1999, 492, 493 = WRP 1999, 523 Altberliner, mwN). Ist dies zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die fragliche Kurzbezeichnung tatsächlich als Firmenschlagwort in Alleinstellung verwendet wird und ob sie sich im Verkehr durchgesetzt hat (vgl. BGH, GRUR 1999, 492, 493 Altberliner).
Zwar kann ein kennzeichnungskräftiges Schlagwort auch aus dem abge-kürzten Firmenkennzeichen abgeleitet werden, wenn die Abkürzung durch In-gebrauchnahme Schutz genießt. Solange aber die eigentliche Firmenbezeich-nung verwendet wird und geschützt ist, kann der Prüfung, ob sich einer ihrer Bestandteile als Schlagwort eignet, nicht allein eine daneben in Gebrauch ge-nommene abgekürzte Firmenbezeichnung zugrunde gelegt werden.
Da der Kläger nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht ausdrücklich Bezug nimmt, unter der Firma „Fürstlich Cas-tell’sches Domänenamt Albrecht Fürst zu Castell-Castell“ auftritt, hätte das Be-rufungsgericht der Prüfung, ob der Begriff „Castell“ ein geschütztes Firmen-schlagwort darstellt, daher in erster Linie die nicht abgekürzte Firmenbezeich-nung zugrunde legen müssen.
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b) Dieser Rechtsfehler des Berufungsgerichts ist indes nicht entschei-dungserheblich geworden. Denn die weitere Begründung des Berufungsge-richts, dass ein Schutz der Bezeichnung „Castell“ nicht besteht, weil sie der Verkehr nicht als unterscheidungskräftig ansieht, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
aa) Das Berufungsgericht hat die Bezeichnung „Castell“ sowohl für sich betrachtet als auch in ihrem konkreten Zusammenhang als rein beschreibende Angabe angesehen. Sie weise die angesprochenen Verkehrskreise auf die Herkunft des damit bezeichneten Weins aus dem Weinbauort „Castell“ hin, so dass ihr hinreichende Unterscheidungskraft fehle. Das lässt keinen Rechtsfeh-ler erkennen.
Ein Schutz des in der vollständigen Firmenbezeichnung des Klägers ent-haltenen Bestandteils „Castell“ als Unternehmensschlagwort gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG setzt voraus, dass die Bezeichnung „Castell“ unterscheidungskräftig und nach der Verkehrsauffassung ihrer Natur nach geeignet ist, wie ein Name des Unternehmens zu wirken (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1995 I ZR 199/93, GRUR 1996, 68, 69 = WRP 1997, 446 – Cotton Line). Werden Bestandteile einer Firma sowohl für sich betrachtet als auch in ihrer Verbindung vom Verkehr als beschreibende Sachbezeichnung verstanden, so kann ihnen aus originärer Kennzeichnungskraft kein kennzeichenrechtlicher Schutz als Firmenschlagwort zugebilligt werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2005 I ZR 318/02, GRUR 2005, 873, 874 = WRP 2005, 1246 Star Entertainment).
Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, dass sich die Angabe „Cas-tell“ im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft von Weinen aus dem Weinbauort „Castell“ eignet und daher beschreibend verstanden wird.
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Diese tatrichterliche Feststellung ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu bean-standen. Für sie spricht insbesondere, dass der Ort „Castell“ ein Weinbauort ist, in dem – wie vom Berufungsgericht festgestellt – neben dem Kläger zahlreiche weitere Winzer ansässig sind.
bb) Das Berufungsgericht hat, anders als die Revision meint, weder ein Freihaltebedürfnis an dem bürgerlichen Namen des Klägers angenommen noch dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es nicht hinreichend be-rücksichtigt hätte, dass der Begriff „Castell“ Teil des bürgerlichen Namens des Klägers sei.
(1) Der nach § 12 BGB geschützte Familienname des Klägers lautet nicht „Castell“, sondern Erbgraf zu Castell-Castell. Das Berufungsgericht hat weder den Gebrauch dieses Familiennamens eingeschränkt noch ein Freihalte-bedürfnis an ihm angenommen.
(2) Das Berufungsgericht ist auch davon ausgegangen, dass im alltägli-chen Sprachgebrauch eine Verkürzung des Doppelnamens des Klägers auf „Castell“ naheliegen wird. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es darauf aber nicht an. Außer im Fall einer im Streitfall nicht festgestellten Verkehrs-durchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) kann der Kläger für eine Verkürzung seines bürgerlichen Namens, die infolge des Weglassens weiterer Bestandteile mit einer geographischen Herkunftsangabe identisch ist, keinen Schutz als Unter-nehmensschlagwort erlangen, weil die verkürzte Bezeichnung – wie dargelegt – nicht unterscheidungskräftig ist.
cc) Soweit das Berufungsgericht einen Schutz der Bezeichnung „Castell“ als Firmenschlagwort mit der Begründung verneint hat, dass der Kläger die Vo-raussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung nicht hinreichend dargelegt hat, ist
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dies rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht habe es unter Verstoß gegen § 139 ZPO unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass es im Streitfall auf eine Verkehrsdurchsetzung der Kurzform „Castell“ gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG ankommen könne.
Das Landgericht hat zwar eine auf die Herkunft hinweisende Funktion der Kurzform „Castell“ verneint, so dass es auf der Grundlage seiner Rechts-auffassung unerheblich war, ob sich die Kurzform im Verkehr durchgesetzt hat. Das Berufungsgericht ist auch von dieser Rechtsansicht abgewichen, was ei-nen Hinweis gemäß § 139 Abs. 4 ZPO erforderlich machen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2009 IX ZR 235/06, juris Rn. 5 mwN). Die Ver-kehrsdurchsetzung war aber eine der zentralen Fragen des Rechtsstreits, so dass ein Hinweis entbehrlich war (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2005 V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235 Rn. 8; Beschluss vom 20. Dezember 2007 IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581 Rn. 2).
Im Übrigen kann die auf § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO gestützte Rüge schon deswegen keinen Erfolg haben, weil die Revision die Verkehrsdurchsetzung nur pauschal und mit dem Beweisangebot, ein demoskopisches Gutachten einzu-holen, geltend gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2011 I ZR 150/09, GRUR 2012, 304 = WRP 2012, 330 Basler Haar-Kosmetik, vgl. auch Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 8 Rn. 353 für das Eintragungs-verfahren).
c) Da die Bezeichnung „Castell“ im Verkehr als geographische Her-kunftsangabe für Wein verstanden wird, konnte der Kläger für ein gleichlauten-des Unternehmensschlagwort zur Bezeichnung seines Weinguts keinen Schutz nach § 5 Abs. 2 MarkenG erlangen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob für andere Geschäftstätigkeiten des Klägers das Unternehmensschlagwort „Cas-
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tell“ geschützt ist. Ebenso wenig bedarf es einer Erörterung der verschiedenen Rügen, die die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts erhebt, das Wort „Castell“ sei schon unabhängig von der Frage der Schutzfähigkeit einer mit dem Ortsnamen identischen Unternehmensbezeichnung nicht für den Klä-ger als Unternehmensschlagwort geschützt.
d) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein Unterlas-sungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte gemäß § 4 Nr. 1, § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 und 6 MarkenG aus den Wortmarken „Schloß Castell“ und „CASTELL-CASTELL“ ebenfalls nicht in Betracht kommt. Im Hinblick auf die fehlende rechtserhaltende Benutzung der IR-Marke „VIN Castel“ verfügt die Beklagte zwar über keine bessere Priorität. Die Beurteilung des Berufungsge-richts, der Bestandteil „CASTELL“ könne als geographische Herkunftsbezeich-nung nicht als innerhalb der Klagemarken prägend oder selbständig kennzeich-nend angesehen werden, so dass eine Verwechslungsgefahr mit dem von der Beklagten benutzten Zeichen ausscheide, lässt aber keinen Rechtsfehler er-kennen. Eine Übereinstimmung allein in schutzunfähigen Bestandteilen kann keine Verwechslungsgefahr begründen (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2007 I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Rn. 41 bis 43 = WRP 2007, 1466 Kinderzeit; Urteil vom 5. November 2008 I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 Rn. 72 = WRP 2009, 831 Stofffähnchen I; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rn. 1082).
e) Die geltend gemachten Folgeansprüche sind aus den gleichen Grün-den unbegründet.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Kirchhoff
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 30.10.2008 – 2-3 O 469/07 –
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 27.05.2010 – 6 U 243/08 –

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