Die als „verantwortliche Person“ nach Kosmetik-VO benannte Unternehmung ist für die Verletzung einer fremden Marke mitverantwortlich

1. Ein Parfumflakon kann eine markenmäßige Benutzung beinhalten sowie eine fremde dreidimensionale Marke verletzen, wenn die Gestaltung dieses Flakons entsprechend der verkehrsbekannten Übung in diesem Warenbereich besondere Auffälligkeiten aufweist und der Flakon der als Marke geschützten Form hinreichend ähnlich ist (im Streitfall bejaht).
2. Das als „verantwortliche Person“ im Sinne der Kosmetik-VO für ein Kosmetikprodukt benannte Unternehmen ist für die durch dieses Produkt verwirklichte Verletzung einer fremden Marke jedenfalls dann verantwortlich, wenn weitere Anhaltspunkte dafür sprechen, dass das Unternehmen Herstellung und Vertrieb des Produkts maßgeblich beeinflussen kann.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urt. vom 17.11.2016 zu Az.: 6 U 220/15 – Verletzung einer dreidimensionalen Marke durch Gestaltung eines Parfumflakons

UMV Art. 9, Kosmetik-VO Art. 4, Kosmetik-VO Art. 5

1.
Ein Parfumflakon kann eine markenmäßige Benutzung beinhalten sowie eine fremde dreidimensionale Marke verletzen, wenn die Gestaltung dieses Flakons entsprechend der verkehrsbekannten Übung in diesem Warenbereich besondere Auffälligkeiten aufweist und der Flakon der als Marke geschützten Form hinreichend ähnlich ist (im Streitfall bejaht).
2.
Das als „verantwortliche Person“ im Sinne der Kosmetik-VO für ein Kosmetikprodukt benannte Unternehmen ist für die durch dieses Produkt verwirklichte Verletzung einer fremden Marke jedenfalls dann verantwortlich, wenn weitere Anhaltspunkte dafür sprechen, dass das Unternehmen Herstellung und Vertrieb des Produkts maßgeblich beeinflussen kann.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.11.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a. M. unter Abweisung der Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Zahlung in Höhe von 12.000,- € zuzüglich fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5.7.2014 zu leisten.
II.

1. Der Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt, es zu unterlassen, in der Europäischen Union Parfums in der unter Ziffer II. 1. des Tenors des angefochtenen Urteils eingeblendeten Ausstattung herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen und zu vertreiben oder herstellen, anbieten, in den Verkehr bringen oder vertreiben zu lassen.
2.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin mit Bezug auf Handlungen in Deutschland oder aus Deutschland heraus Auskunft zu erteilen über
a)
Name und Anschrift des Herstellers, Lieferanten oder anderer Vorbesitzer des in Ziffer II. 1. des Tenors des angefochtenen Urteils eingeblendeten Parfumflakons sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die dieses Produkt bestimmt war, unter Vorlage von Rechnungskopien und Lieferbelegen;
b)
die Menge der hergestellten oder ausgelieferten Produkte sowie über die Preise, die für das in Ziffer II. 1. des Tenors des angefochtenen Urteils eingeblendeten Produkte bezahlt wurden, unter Vorlage von Rechnungskopien.
3.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.973,90 € zuzüglich fünf Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit dem 25.3.2015 zu zahlen.
4.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin den Schaden zu erstatten hat, der ihr aus der in Ziffer 1. bezeichneten, in Deutschland oder aus Deutschland heraus begangenen Verletzungshandlung entstanden ist oder noch entstehen wird.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 155.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 140.000,- € festgesetzt.

Gründe
I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 I 1 ZPO). Zu korrigieren ist, dass die Klägerin den – mit dem Tenor zu I. neben dem Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 10.200,- € – zugesprochenen – Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.973,90 € nebst Zinsen damit begründet hat, dass ihr ein Anspruch auf Erstattung der mit der Abmahnung vom 15.1.2014 (Anlage K 13; Bl. 53 d.A.) entstandenen Rechtsverfolgungskosten zustehe. Diese Abmahnung war – gestützt auf die Unionsmarke 2786713 „A!“ (Anlage K 41; Bl. 428 ff. d.A.) – auf Unterlassung und Auskunft hinsichtlich der unionsweiten Benutzung des Zeichens „B“ gerichtet. Inhaberin der Marke ist die X B.V., die die Klägerin ermächtigt hat, Rechte aus dieser Marke geltend zu machen (Anlage K 1; Bl. 11 d.A.).

Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Beklagte verfolgt sein Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin macht hinsichtlich der Anträge zu II. weiterhin die vom Landgericht abgewiesenen Ansprüche aus der dreidimensionalen Unionsmarke geltend, die sie hinsichtlich der Auskunfts- und Schadensersatzansprüche auf Verletzungshandlungen in Deutschland oder aus Deutschland heraus beschränkt hat. Sie hat klargestellt, dass die Ansprüche zur Begründung der Klageanträge zu II. in erster Linie auf die Unionsmarke, hilfsweise hierzu auf die Verletzung von § 6 II Nr. 2 und 4 UWG und hilfsweise hierzu auf ergänzenden Leistungsschutz (§ 4 Nr. 3 b UWG) gestützt werden. Den vom Landgericht unter Ziffer I. des Tenors zuerkannten Kostenerstattungsanspruch hat die Klägerin auf 12.000,- € nebst Zinsen reduziert.

Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen; wegen der Einzelheiten wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter II. sowie die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Der Beklagte beantragt zu seiner Berufung,

das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt wurde, und die Klagen abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten den Beklagten wie aus dem Tenor ersichtlich zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die ebenfalls zulässige Berufung der Klägerin ist in dem zuletzt weiterverfolgten Umfang begründet.

1. Der Klägerin stehen die mit den Anträgen zu II. geltend gemachten, gegen Herstellung, Angebot und Vertrieb eines Parfumflakons, wie er in Ziffer II. 1. des Tenors des angefochtenen Urteils eingeblendet ist, gerichteten Ansprüche wegen Verletzung der dreidimensionalen Unionsmarke 6799829 zu (Art. 9 I b, 102 I UMV i.V.m. § 125b Nr. 2 MarkenG).

a) Die angegriffene Verpackungsausstattung, bestehend aus einem Parfumflakon und einem Stöpsel mit daran angebrachten Blüten, beinhaltet eine markenmäßige Benutzung.

Allerdings ergibt sich die markenmäßige Benutzung nicht schon daraus, dass mit der Klagemarke eine Warenform – und zwar als originär unterscheidungskräftig – eingetragen worden ist, die der angegriffenen Form ähnlich ist. Denn auch die Bindung an diese Eintragung entbindet das Verletzungsgericht nicht von der Prüfung, ob gerade die angegriffene Verwendungsform vom Verkehr als herkunftshinweisend angesehen wird (vgl. BGH GRUR 2016, 197 [BGH 21.10.2015 – I ZR 23/14] – Bounty, Tz. 31 m.w.N.).

Grundsätzlich fasst der Verkehr die Form einer Ware oder Verpackung nicht als Herkunftshinweis auf; selbst die besondere Gestaltung einer solchen Warenform wird eher dem Bemühen um eine ästhetische Formgebung als der Absicht zugeschrieben, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen (vgl. BGH a.a.O. – Bounty, Tz. 27).

Etwas anderes gilt hier auch nicht deshalb, weil sich die dreidimensionale Klagemarke etwa im Verkehr als Herkunftshinweis durchgesetzt hätte und zwischen ihr und der angegriffenen Warenform hochgradige Zeichenähnlichkeit besteht (vgl. BGH a.a.O. – Bounty, Tz. 29 ff.). Denn die Klagemarke erfüllt die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung nicht. Die Jahresumsätze, die die Klägerin nach ihrem Vortrag mit dem entsprechend der Klagemarke gestalteten Produkt „C“ erzielt hat, haben sich zwischen 2009 und 2012 um 1,5 Mio. € bewegt; 2013 ist der Umsatz auf knapp 800.000 € zurückgegangen (Schriftsatz des Klägervertreters vom 19.2.2015, S. 5; Bl. 151 d.A.). Daraus ergibt sich angesichts des von der Beklagten vorgetragenen und belegten jährlichen Einzelhandelsumsatzes mit Parfümerieartikeln von über 2 Mrd. € ein nur äußerst geringer Marktanteil, der bei weitem nicht geeignet ist, eine Verkehrsdurchsetzung hinreichend substantiiert darzulegen. Daran ändern auch die vorgetragenen jährlichen Marketingaufwendungen zwischen 500.000,- und knapp 1,5 Mio. € nichts, zumal die Klägerin diese Aufwendungen nicht näher konkretisiert hat, so dass nicht nachvollzogen werden kann, ob diese Aufwendungen überhaupt geeignet waren, die Warenform und nicht nur die Wortmarke beim angesprochenen Verkehr bekannt zu machen.

Die markenmäßige Benutzung einer Waren- oder Verpackungsform kann sich allerdings auch daraus ergeben, dass die in Rede stehende Gestaltung erheblich vom Branchenüblichen abweicht und ihr aus diesem Grund eine herkunftshinweisende Funktion beigemessen wird; dabei spielt auch eine Rolle, ob sich in dem betreffenden Warenbereich eine dem Verkehr bekannte Gewohnheit entwickelt hat, die Form der Waren oder Verpackungen herkunftshinweisend zu gestalten (vgl. zu beiden Gesichtspunkten BGH GRUR 2010, 1103 [BGH 22.04.2010 – I ZR 17/05] – Pralinenform II, Tz. 31 m.w.N.).

Im Parfümeriesektor hat sich in der Tat die Gewohnheit entwickelt, die Behälter von Parfumerzeugnissen und deren Verschlüsse mit besonders auffallenden Formen und sonstigen Ausstattungsmerkmalen zu versehen. Dies ergibt sich etwa aus den von der Klägerin als Anlagen K 36 bis K 38 (Bl. 343 ff.) vorgelegten Beispielen und ist im Übrigen auch gerichtsbekannt. Aus dieser verbreiteten Verwendung auffälliger Ausstattungen für Parfumerzeugnisse hat sich eine dem Verkehr bekannte Kennzeichnungsgewohnheit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelt. Denn die angesprochenen Verbraucher werden nicht annehmen, dass die Hersteller auf diese Weise lediglich ästhetisch anspruchsvolle Lösungen für die Ausstattung ihrer Erzeugnisse zur Verfügung stellen wollen. Vielmehr geht es – für den Verkehr ersichtlich – jedenfalls auch darum, das jeweilige Erzeugnis schon an Hand der Ausstattungsform herkunftsmäßig identifizieren zu können; die auffälligen Produktausstattungen dienen dem angesprochenen Verbraucher daher als Zweitmarke neben einer – auf den Erzeugnissen regelmäßig ebenfalls angebrachten – Wortmarke.

Unter diesen Umständen wird der Verkehr auch der angegriffenen Form von Flasche und Stöpsel diese Herkunftsfunktion zubilligen. Denn die drei Blüten stellen ebenfalls ein besonders auffälliges Ausstattungsmerkmal dar. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Größe der Blüten, die für die Handhabung des Stöpsels eher hinderlich sind und dem Verkehr daher ersichtlich auch als Wiedererkennungsmerkmal und damit als Herkunftshinweis dienen sollen.

b) Zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Ausstattung besteht entgegen der Auffassung des Landgerichts Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinn (Art. 9 I b UMV).

Auch ohne zusätzliche Bekanntheit kommt der Klagemarke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Zwischen den Waren, für die die Klagemarke eingetragen ist (u.a. Parfümerien) und der Ware, für die die angegriffene Ausstattung benutzt wird, besteht Identität.

Angesichts durchschnittlicher Kennzeichnungskraft und Warenidentität reicht zur Begründung der Verwechslungsgefahr eine geringe Zeichenähnlichkeit aus, die hier gegeben ist. Die Klagemarke wird maßgeblich durch die drei unregelmäßig zueinander angeordneten Blüten auf dem Stöpsel geprägt, während die im Wesentlichen rechteckige Form der Flasche keine auffälligen Besonderheiten aufweist. Das die Klagemarke demnach überwiegend prägende Merkmal des „Blütenstöpsels“ ist in die angegriffene Verwendungsform fast identisch übernommen worden. Demgegenüber ist die Form der Flasche zwar abweichend, nämlich „eiförmig“ statt rechteckig, ausgestaltet. Der Gesamteindruck der angegriffenen Verwendungsform erfährt dadurch aber keine derart entscheidende Änderung gegenüber der Klagemarke, dass nicht jedenfalls eine geringe Zeichenähnlichkeit verbleibt.

c) Der Beklagte ist für die Markenverletzung täterschaftlich verantwortlich.

Der Beklagte ist Geschäftsführer der D S.a.r.l., die unstreitig über keine weiteren Mitarbeiter verfügt. Die D S.a.r.l. ist auf der Packung der in Rede stehenden Parfumprodukte genannt („Made under authority of …“). Dabei soll es sich nach Darstellung des Beklagten jedoch nur um einen Hinweis auf die vom Hersteller benannte „verantwortliche Person“ im Sinne von Art. 4, 5 EU-Kosmetik-VO handeln. Der Beklagte trägt vor, Herstellerin sei die E AG, die der D S.a.r.l. durch eine Vereinbarung vom 13.12./28.12.2012 (Anlage B 7; Bl. 405 d.A.) ein entsprechendes Mandat gemäß Art. 4 III 2 EU-Kosmetik-VO erteilt habe.

Es kann dahinstehen, ob dieses Mandat – wie die Klägerin behauptet – lediglich konstruiert ist und Herstellerin des beanstandeten Erzeugnisses in Wahrheit die D S.a.r.l. ist und die E AG das Erzeugnis lediglich vertreibt. Denn bereits die unstreitigen Gesamtumstände lassen nach Auffassung des erkennenden Senats den hinreichenden Schluss zu, dass der Beklagte in der Lage ist, Herstellung und Vertrieb des beanstandeten Produkts maßgeblich zu beeinflussen.

Die vom Beklagten allein geführte D S.a.r.l. ist nach Darstellung des Beklagten „verantwortliche Person“ i.S.v. Art. 4, 5 EU-Kosmetik-VO für die vertriebenen Produkte. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, dass sich der Verantwortungsbereich der „verantwortlichen Person“ nach dem Regelungsinhalt der EU-Kosmetik-VO – auch was die Aufmachung und Kennzeichnung angeht – auf die Produktsicherheit beschränke, nicht aber auf die Beachtung der Markenrechte Dritter, vermag dies nicht zu überzeugen.

Es ist schon mit der Lebenserfahrung nicht vereinbar, dass die E AG als (nach Darstellung des Beklagten) Herstellerin eines Parfumprodukts gemäß Art. 4 III 2 EU-Kosmetik-VO als „verantwortliche Person“ ein anderes Unternehmen mandatiert, das den Vertrieb dieses Produkts nicht maßgeblich beeinflussen kann; denn ein solches „außenstehendes“ Unternehmen könnte die Verantwortung für die Produktsicherheit nicht in effizienter Form übernehmen. Das wird bestätigt durch die Regelung in Art. 5 II 1 EU-Kosmetik-VO, wonach „verantwortliche Personen“ unverzüglich eingreifen müssen, wenn „ein von ihnen in Verkehr gebrachtes kosmetisches Mittel“ der Verordnung nicht entspricht. Die Verordnung selbst setzt demnach voraus, dass die „verantwortliche Person“ in den Vertrieb in einer Weise eingebunden ist, die eine sofortige Reaktion ermöglicht. Dass dies auch für die D S.a.r.l. und den Beklagten als deren Geschäftsführer gilt, wird zusätzlich dadurch bestätigt, dass der Beklagte und Geschäftsführer der „verantwortlichen Person“ unstreitig bei einem Unternehmen (F UG) als Projektleiter beschäftigt ist, das an derselben Anschrift geschäftsansässig ist, unter der der die E AG ein Auslieferungslager in Deutschland unterhält.

d) Auf Grund der festgestellten Verletzungshandlung kann die Klägerin gemäß Artt. 9, 102 I UMV vom Beklagten Unterlassung im Gebiet der gesamten Union verlangen (Tenor zu II. 1.).

Gemäß §§ 125b Nr. 2 i.V.m. 19 I MarkenG hat die Klägerin weiter einen Anspruch auf Auskunft über den Vertriebsweg, soweit Handlungen in Deutschland oder aus Deutschland heraus betroffen sind (Tenor zu II. 2. a).

Dem Beklagten ist hinsichtlich der begangenen Markenverletzung jedenfalls Fahrlässigkeit zur Last zu legen, weshalb der Klägerin gemäß §§ 125b i.V.m. 14 VI MarkenG – wiederum soweit Handlungen in Deutschland und aus Deutschland heraus betroffen sind – dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz des dadurch verursachten Schadens zusteht. Da die Klägerin die Höhe dieses Schadens derzeit nicht ermitteln kann, hat sie nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) einen Anspruch auf Erteilung der zur Schadensermittlung benötigten Auskünfte (Tenor zu II. 2. b)) und gemäß § 256 I ZPO ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Schadensersatzpflicht (Tenor zu II. 4.).

Schließlich kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes auch Erstattung der Rechtsverfolgungskosten in der geltend gemachten Höhe verlangen, die durch die Abmahnung vom 28.1.2015 entstanden sind; die Zinsforderung ist nach §§ 288 I, 291 BGB gerechtfertigt (Tenor zu II. 3.).

2. Auch hinsichtlich der weiteren Zahlungsansprüche ist die Klage – soweit sie in der Berufung weiterverfolgt wird – begründet (Tenor zu I.).

a) Der Klägerin steht der geltend gemachte Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 10.200,- € zu.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, stellen die Lieferungen der Produkte „B)“ und „G“ objektiv zwei Zuwiderhandlungen gegen die Unterlassungsverpflichtung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 1.7.2004 (Anlage K 5; Bl. 17 d.A.) dar.

Der Beklagte ist für diese Zuwiderhandlungen persönlich verantwortlich. Insoweit gelten die oben unter 1. c) dargestellten Erwägungen in gleicher Weise auch im vorliegenden Zusammenhang.

b) Der mit dem Klageantrag zu I. außerdem geltend gemachte, in der Berufung in Höhe von 1.800,- € weiterverfolgte Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten für die Abmahnung vom 15.1.2014 steht der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (§§ 125b i.V.m. 19 VI MarkenG) wegen Verletzung der u.a. für Parfümerien eingetragenen Unionsmarke 2786713 („A!“) zu.

Die mit der Abmahnung beanstandete, für Parfums verwendete Bezeichnung „B“ und war mit der genannten Marke verwechslungsfähig (Art. 9 I b UMV). Hierfür reichte angesichts der infolge großer Bekanntheit hohen Kennzeichnungskraft der Marke und der gegebenen Warenidentität selbst eine geringe Ähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen aus; diese ist schon im Hinblick auf die identische phonetische Wirkung zu bejahen. Der Bestandteil „Homme“ des angegriffenen Zeichen ist dabei für die markenrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, da es sich um einen rein beschreibenden Zusatz handelt.

Für die Verantwortlichkeit des Beklagten gilt wiederum das oben unter 1. c) Gesagte entsprechend.

Ob die Abmahnung auch hinsichtlich des geltend gemachten Auskunftsanspruchs über außerhalb von Deutschland begangene Verletzungshandlungen berechtigt war, kann dahinstehen. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, würde dies nur zu einer verhältnismäßig geringen Reduzierung des Erstattungsanspruchs führen, der die Klägerin durch die Verminderung der Klageforderung von 1.973,90 € auf 1.800,- € Rechnung getragen hat.

c) Die Zinsforderung hinsichtlich des Antrages zu I. ist nach §§ 286, 288 I BGB gerechtfertigt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 II ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 II ZPO) sind nicht erfüllt.

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