Praxisänderung der Markenabteilung ab 1. Januar 2011

Seit Einführung der Gruppierungspflicht im Juni 2004 sind bei einer Markenanmeldung die Waren und Dienstleistungen nach Klassen geordnet in der Reihenfolge der Klasseneinteilung der Nizzaer Klassifikation anzugeben. Die angegebene Klasse ist damit Bestandteil des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses und für den Schutzbereich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen sowie für ihre Auslegung mitbestimmend.
Es gibt in der Klassifikation eine große Anzahl von Begriffen, die erst durch eine Präzisierung, wie etwa eine Materialangabe oder Zweckbestimmung, zu einer ganz bestimmten Klasse zugeordnet werden können. „Baumaterialien“ können „aus Metall“ (Klasse 6) oder „nicht aus Metall“ (Klasse 19) sein, „Motoren“ können „ausgenommen für Landfahrzeuge“ (Klasse 7) oder „für Landfahrzeuge“ (Klasse 12) bestimmt sein.


Ab dem 1. Januar 2011 werden wir bei Markenanmeldungen, bei denen durch die Angabe einer bestimmten Klassenziffer die Präzisierung bereits erreicht ist, auf die vollständige Präzisierung von Waren- bzw. Dienstleistungsbegriffen verzichten. Während wir also bisher bei der Angabe “ Klasse 6 Baumaterialien“ nachgefragt haben, ob „Baumaterialien aus Metall“ oder „nicht aus Metall“ gemeint sind, wird dies in Zukunft nicht mehr geschehen. Die vom Anmelder vorgenommene Zuordnung zu einer bestimmten Klasse wird als ausreichende Präzisierung erachtet. Die im genannten Beispiel vom Anmelder angegebene Klasse 6 wird als Entscheidung für „Baumaterialien aus Metall“ gewertet.
Bei der Benutzung von Begriffen, die Sie in der Suchmaschine des DPMA haben, hat diese Praxisänderung keine Auswirkungen für Sie, da diese Begriffe hinreichend präzise sind. Auch die Verwendung der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation ist im Regelfall nicht zu beanstanden. Bei Begriffen, die auch innerhalb einer Klasse zu viele verschiedene Waren bzw. Dienstleistungen umfassen, ist jedoch nach wie vor die Zweckrichtung hinzuzufügen, da auch unter Zuhilfenahme der Klassenziffer als Auslegungskriterium der Schutzumfang zu unpräzise ist, z.B. bei den „Maschinen“ (Klasse 7) und dem „Reparaturwesen“ (Klasse 37).
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Die neue Praxis soll eine Vereinfachung der Prüfung von Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen
unter Berücksichtigung aller Interessen ermöglichen. Unser Ziel ist die deutliche Verringerung der Zahl der Beanstandungsbescheide und damit eine Verminderung des Verwaltungsaufwands bei den Anmeldern und beim DPMA.
Bitte beachten Sie aber folgendes:
Beim Ausformulieren der Waren-/Dienstleistungsverzeichnisse obliegt Ihnen eine höhere Eigenverantwortung. Sie werden nicht mehr auf eine vielleicht nur versehentlich nicht berücksichtigte Auslegungsalternative Ihres Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses hingewiesen. Auch kann ein eindeutig auszulegendes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nach der Anmeldung nicht mehr auf weitere Klassen ausgedehnt werden. Die Beanspruchung einer weiteren Klasse – zusätzlich oder an Stelle der ursprünglich angegebenen – wäre eine unzulässige Erweiterung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, welche dem mit dem ursprünglichen Anmeldetag begründeten Zeitrang (§ 6 Abs. 2 MarkenG) nicht mehr entspricht. Zur Verdeutlichung: Wer „Salz“ in Klasse 30 (d.h. „Kochsalz“) angemeldet hat, wird später nicht noch „Konservierungssalz“ (Klasse 1) beanspruchen können.
Bei den Waren- und Dienstleistungsbegriffen der Nizzaer Klassifikation (einschließlich der in den Klassenüberschriften und zugehörigen erläuternden Anmerkungen enthaltenen Begriffen) sind insbesondere folgende Fallgestaltungen betroffen:
1. Materialangaben:
Beispiele: Klasse 6 „Baumaterialien“ (Klasse 6 => aus Metall)
Klasse 16 „Etiketten“ (Klasse 16 => nicht aus Textilstoffen)
Klasse 14 „Figuren [Statuetten]“ (Klasse 14 => aus Edelmetall)
In diesen Fällen wird der Anmelder nicht zur Präzisierung des Materials aufgefordert, da die Angabe der Klasse bereits das Material vorgibt.
2. Angabe des Verwendungszwecks:
Beispiele: Klasse 7 „Motoren“ (Klasse 7 => ausgenommen für Landfahrzeuge)
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Klasse 12 „Motoren“ (Klasse 12 => für Landfahrzeuge)
Klasse 10 „Röntgenapparate“ (Klasse 10 => für medizinische Zwecke)
Der Anmelder wird hier nicht zur Spezifizierung des Verwendungszwecks aufgefordert, da die Wahl der Klasse den Verwendungszweck präzisiert.
3. So genannte „Klassenvermerke“:
Beispiele: Klasse 12 „Fahrzeugteile“ (Klasse 12 => soweit in Klasse 12 enthalten) Klasse 28 „Turn- und Sportartikel“ (Klasse 28 => soweit in Klasse 28 enthalten)
Der Klassenvermerk wird von der Markenabteilung künftig nicht mehr eingefordert.
4. Zubehör, Teile, Komponenten, Accessoires und ähnliche Begriffe:
Beispiele: Klasse 12: „Fahrzeugzubehör“ Klasse 9: „Computer und Zubehör hierfür“
Diese Begriffe sind nach wie vor im Zusammenhang mit der jeweiligen (Haupt-) Ware, nicht aber in Alleinstellung zulässig. Ein Klassenvermerk wird nicht mehr eingefordert. Bitte beachten Sie, dass damit nur innerhalb der jeweiligen Klasse angesiedeltes Zubehör erfasst wird, „Klasse 12: Fahrzeugzubehör“ umfasst also z.B. nicht „Autoradios“.
5. Dienstleistungsklassen:
In den Dienstleistungsklassen stellen sich entsprechende Situationen. In der Klassifikation vorgesehene Präzisierungen können entfallen, soweit der Zweck der Präzisierung durch die Gruppierung bereits erreicht ist.
Beispiel: Klasse 41 „Verfassen von Texten“ – Die Klarstellung „ausgenommen Werbetexte“ ist nicht mehr erforderlich.
Keine Änderung ergibt sich für Begriffe, die auch durch den Klassenkontext nicht ausreichend geklärt sind. Nach wie vor unzulässig sind Begriffe wie „Beratung“ in Alleinstellung, „EDV-Dienstleistungen“ oder „Internetdienste“.
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Konsequenzen der Praxisänderung für internationale Markenverfahren:
Das DPMA schließt sich mit der beschriebenen Praxisänderung der WIPO, dem HABM und vielen anderen Markenämtern an. Auch dort wird das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis anhand der angegebenen Klasse ausgelegt. Dennoch ist gerade in den internationalen Markenverfahren, wo das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis fremdsprachig abzufassen ist, nicht immer eindeutig zu beurteilen, welche Begriffe unter Zuhilfenahme der Klassenziffer verständlich sind und welche vielleicht dennoch zu klären sind. Deshalb empfehlen wir Ihnen, für Ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis Begriffe zu wählen, die Sie in der Suchmaschine des DPMA finden. In der mehrsprachigen Suche finden Sie Begriffe, deren Verwendung Ihnen ein klares, zulässiges und in den meisten Ländern anerkanntes Verzeichnis garantiert.
Anhang: Weitere Beispiele für Waren- und Dienstleistungsbegriffe, die künftig bei Berücksichtigung der Klassenziffer zugelassen werden können:
Klasse
Neu zu akzeptierender Begriff
Bisher beispielsweise zu präzisieren
5
Nahrungsergänzungsmittel
Nahrungsergänzungsmittel für medizinische
Zwecke
6
Rohre
Rohre aus Metall
7
Schweißapparate
Gasbetriebene Schweißapparate
7
Kaffeemühlen
Elektrische Kaffeemühlen
8
Pumpen
Handpumpen
9
Signaltafeln
Signaltafeln (leuchtend oder mechanisch)
9
Schutzbekleidung
Unfallschutzbekleidung,
Feuerschutzbekleidung
10
Diagnoseapparate
Diagnoseapparate für medizinische Zwecke
11
Kaffeemaschinen
Elektrische Kaffeemaschinen
16
Servietten
Papierservietten
17
Schläuche
Schläuche, nicht aus Metall
19
Baugerüste
Baugerüste, nicht aus Metall
21
Kaffeemühlen
Handbetriebene Kaffeemühlen
22
Kabel
Kabel, nicht aus Metall
5
24
Servietten
Textilservietten
26
Kränze
Kränze aus künstlichen Blumen
27
Wandbekleidungen
Wandbekleidungen, nicht aus textilem
Material
31
Fischmehl
Fischmehl als Tierfutter
34
Mundstücke
Zigarettenmundstücke
37
Schädlings- und
…, ausgenommen für landwirtschaftliche
Ungeziefervernichtung
Zwecke
41
Vermietung von Sportausrüstungen
…, ausgenommen Fahrzeuge

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