Die Wort-/Bildmarke RoboColumn ist weder freihaltebedürftig noch beschreibend für die Waren und Dienstleistungen
„Chromatographiegeräte für Laborzwecke, Dienstleistungen von
chemischen Labors“.
BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 149/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 305 60 840.1
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
12. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richterin Werner
am Landgericht und Richter Kruppa
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 10. Februar 2009 wird aufgehoben.
Gr ü n d e
I
Die am 13. Oktober 2005 für die Waren und Dienstleistungen
„Chromatographiegeräte für Laborzwecke, Dienstleistungen von
chemischen Labors“
angemeldete farbige (schwarz, mintgrün) Wort-/Bildmarke
ist von der mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzten Markenstelle für
Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 10. Februar
2009 wegen eines Freihaltungsbedürfnisses und fehlender Unterscheidungskraft
zurückgewiesen worden.
Der Gesamtbegriff „RoboColumn“ gebe den Hinweis auf ein der Chromatographie
dienendes, in der Art einer Säule gehaltenes Gerät, das mit Hilfe einer robotischen
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Vorrichtung automatisch arbeite. Das Anmeldezeichen werde bereits zur Beschreibung
entsprechender säulenchromatographischer Vorrichtungen verwendet.
Die „Gestaltung“ des Anmeldezeichens könne das extrem hohe Freihaltungsbedürfnis
an der existierenden Fachbezeichnung nicht überwinden. Die „Gestaltung“
beschränke sich auf eine werbeübliche, unauffällige Gestaltung der Bestandteile,
die die Bildung des Gesamtbegriffs aus den Einzelbestandteilen „Robo“ und
„Column“ sogar noch verdeutliche.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der
sie beantragt,
den Beschluss der Markenstelle vom 10. Februar 2009 aufzuheben.
Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertritt die Anmelderin die
Auffassung, der Gesamtbegriff sei unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig.
Grundsätzlich sei das wissenschaftlich-technische Gebiet der Chromatographie
nicht durch besondere farbliche Gestaltungen geprägt oder gekennzeichnet,
so dass die angesprochenen Verkehrskreise – in der Regel Fachleute
aus dem Bereich der Biochemie und Biotechnologie – durchaus einen Herkunftshinweis
in der farblichen Ausgestaltung sehen könnten.
Wie sich aus Wörterbüchern und auch dem Duden ergebe, sei „Robo“ kein Kürzel
für „Roboter“. Der Gesamtbegriff „Roboter in Säulenform“ sei im Hinblick auf die
angemeldeten Waren und Dienstleistungen unverständlich, wenn nicht gar sinnlos.
Es handle sich um eine rein linguistische, inhaltlich sinnfreie Auslegung des
angemeldeten Zeichens ohne jeden Zusammenhang mit den angemeldeten Waren
und Dienstleistungen.
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Chromatographie bezeichne ein Verfahren, das die Auftrennung eines Stoffgemisches
durch unterschiedliche Verteilung seiner Einzelbestandteile zwischen einer
stationären und einer mobilen Phase erlaube. Dieses Verfahren habe verschiedene
Phasen, in welchen auch der Begriff „Säule“, nämlich in Form von Säulenchromatographie,
von Bedeutung sei. Keinesfalls könne aber ein Begriff „Robo“ in
Form von „Roboter“ in dieses Verfahren integriert und ein Zusammenhang zwischen
Marke und Produkt hergestellt werden.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung, in der die Anmelderin ihren Standpunkt
aufrechterhalten und vertieft hat sowie nach dem Übergang ins schriftliche
Verfahren, hat die Anmelderin das Waren-/ und Dienstleistungsverzeichnis mit
Schriftsatz vom 15. Juli 2010 wie folgt beschränkt:
„Handbetätigte Chromatographiegeräte, nämlich handbetätigte
Chromatographiesäulen für Laborzwecke; Dienstleistungen von
chemischen Labors, nämlich händisches Befüllen von Chromatographiesäulen
und händische Durchführung von chromatographischen
Dienstleistungen mittels Chromatographiesäulen“.
II
Dass die Markenstelle der Anmelderin vor dem Erlass des angegriffenen
Beschlusses keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem von ihr ermittelten Zeitungsartikel
eingeräumt hat, hält der Senat zwar für einen Verstoß gegen das
Gebot des rechtlichen Gehörs, insbesondere auch deshalb, weil der Beanstandungsbescheid
in diesem Verfahren zum Zeitpunkt der Abfassung des Beschlusses
drei Jahre zurücklag. Die aus diesem Grund hier durchaus in Betracht zu ziehende
Zurückweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt wegen eines groben
Verfahrensfehlers erscheint dem Senat jedoch aus Gründen der Prozessökonomie
nicht angezeigt.
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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auf der Grundlage des eingeschränkten
Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses Erfolg. Insoweit stehen
einer Eintragung weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft
noch das einer Merkmalsbezeichnung im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten
Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer.
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren
oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu
beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten,
angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der
fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist.
Unstreitig ist der der Marke nachgestellte Bestandteil „Column“ für die hier angesprochenen
Fachkreise auf dem Gebiet der Biochemie und -technologie als englisches
Wort für „Säule“ in Bezug auf die hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen
glatt beschreibend, wie die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung
selbst eingeräumt hat.
Dies gilt jedoch nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses
nicht für das der Marke vorangestellte Wort „Robo“ und erst recht nicht für
die hier gebotene Gesamtbetrachtung des angemeldeten Gesamtbegriffs
„RoboColumn“.
Selbst wenn der hier angesprochene Fachverkehr „Robo“ wegen seiner teilweisen
Übereinstimmung mit dem englischen Wort „robot“ als Abkürzung für „Roboter“
nehmen sollte, ergäbe sich allein daraus noch keine beschreibende Bedeutung
des Gesamtbegriffs, der dann mit „Robotersäule“ zu übersetzen wäre. In Bezug
auf die jetzt noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die ausnahmslos
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von Hand betätigt werden, ergibt dieser Bedeutungsinhalt keinen im Vordergrund
des Verständnisses stehenden beschreibenden Sinngehalt. Da Roboter üblicherweise
als Ersatz für handbetätigte Geräte und Dienstleistungen zum Einsatz kommen,
bleibt der Bedeutungsinhalt der Marke in Bezug auf die jetzt noch beanspruchten
handbetätigten Geräte bzw. händischen Dienstleistungen in seiner Gesamtheit
vage und unscharf.
Belege für eine beschreibende Verwendung der Wortfolge durch Dritte hat die
Markenstelle entgegen ihren Ausführungen im Beschluss nicht ermittelt. Der dem
Beschluss beigefügte Artikel aus einer amerikanischen Wissenschaftszeitschrift
bezieht sich nämlich auf die Anmelderin.
Einer Registrierung steht auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG entgegen, da „RoboColumn“ aus den genannten Gründen keine beschreibende
Bedeutung hat. Diese Vorschrift verbietet es nämlich nur, Zeichen als
Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung
der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der
geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder Erbringung der
Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder
Dienstleistungen dienen können.
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein
Anlass.