Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit des Keyword-Advertising, bei dem Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder verwechselbaren Schlüsselworts die Werbung eines Dritten angezeigt wird, bestätigt und präzisiert.
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Lizenz an der unter anderem für Pralinen und Schokolade eingetragenen deutschen Marke „MOST“. Sie betreibt unter der Internetadresse „www.most-shop.com“ einen „MOST-Shop“, über den sie hochwertige Konfiserie- und Schokoladenprodukte vertreibt. Die Beklagte unterhält unter den Internetadressen „www.feinkost-geschenke.de“ und „www.selection-exquisit.de“ einen Onlineshop für Geschenke, Pralinen und Schokolade. Sie schaltete im Januar 2007 bei der Suchmaschine Google eine Adwords-Anzeige für ihren Internetshop. Als Schlüsselwort („Keyword“), dessen Eingabe in die Suchmaske das Erscheinen der Anzeige auslösen sollte, hatte die Beklagte den Begriff „Pralinen“ mit der Option „weitgehend passende Keywords“ gewählt. In der Liste der „weitgehend passenden Keywords“ stand auch das Schlüsselwort „most pralinen“. Gab ein Nutzer den Suchbegriff „MOST Pralinen“ ein, erschien rechts neben den Suchergebnissen (auf vier Zeilen verteilt) folgende Anzeige der Beklagten: „Pralinen/Weine, Pralinen, Feinkost, Präsente/Genießen und schenken!/www.feinkost-geschenke.de.“ Über den in der Anzeige angegebenen Link „www.feinkost-geschenke.de“ gelangte der Suchmaschinennutzer auf die Homepage der Beklagten unter der Internetadresse „www.selection-exquisit.de“. In dem Onlineshop der Beklagten wurden keine Produkte mit dem Zeichen „MOST“ vertrieben.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die Schaltung der Anzeige das Recht an der Marke „MOST“ verletzt. Sie hat die Beklagte unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 – I ZR 125/07, GRUR 2011, 828 – Bananabay II; Urteil vom 13. Januar 2011 – I ZR 46/08, MMR 2011, 608) bestätigt, nach der beim „Keyword-Advertising“ eine Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn die Werbung – wie im Streitfall – in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält. Der BGH hat klargestellt, dass dies auch dann gilt, wenn die Anzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber hinweist und dass allein der Umstand, dass in der Anzeige Produkte der unter der Marke angebotenen Art mit Gattungsbegriffen bezeichnet werden (im Streitfall „Pralinen“ usw.), nicht zu einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke führt. Diese Beurteilung steht – so der BGH – in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (zuletzt EuGH, Urteil vom 22. September 2011 – C-323/09, GRUR 2011, 1124 – Interflora/M&S Interflora Inc.). Danach ist es Sache des nationalen Gerichts, die Frage der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion anhand der vom Gerichtshof entwickelten Maßstäbe unter Berücksichtigung aller Faktoren, die es für relevant erachtet, zu prüfen. Der BGH hat deshalb auch im Blick auf die Rechtsprechung des österreichischen Obersten Gerichtshofs (GRUR Int. 2011, 173, 175 – BergSpechte II) und der französischen Cour de cassation (GRUR Int. 2011, 625 – CNRRH), die bei der Beurteilung von Adwords-Anzeigen unter Berücksichtigung der von ihnen als relevant erachteten Faktoren zu anderen Ergebnissen gelangt sind, keine Vorlage an den EuGH für geboten erachtet.
Urteil vom 13. Dezember 2012 – I ZR 217/10 – MOST-Pralinen
LG Braunschweig – Urteil vom 27. August 2008 – 9 O 1263/07
OLG Braunschweig – Urteil vom 24. November 2010 – 2 U 113/08, GRUR-RR 2011, 91